Wohl niemals zuvor in der Jahrhunderte alten Geschichte des Pferdes
haben sich so viele Pferde in der Box kaputt gestanden.
Claus Schmidt
Im Tierschutzgesetz sind u. a. folgende Voraussetzungen für Tierhaltung festgelegt:
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
- muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
- darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
- muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Jahrhunderte lang war es gang und gäbe, Pferde in Anbindeställen zu halten. Das mochte seine Berechtigung haben zu Zeiten, da die meisten Pferde Kaltblüter waren und den ganzen Tag lang hart auf dem Acker arbeiten mussten. Heute sind die Arbeitspferde verschwunden, der Großteil des Pferdebestandes sind (teils blutgeprägte) Warmblüter und temperamentvolle Kleinpferde; die meisten werden nicht einmal eine Stunde am Tag bewegt.
Dass Pferdehalter und Stallbesitzer zum Umdenken kamen, ist sicher zu einem guten Teil den Forschungen und Aktionen der Laufstall-Arbeitsgemeinschaft (LAG) zu verdanken. Wer erinnert sich nicht an die Zeichnung des resignierten »Häftlings« Pferd in seinem »Boxenknast« mit der Unterschrift »Lasst die Pferde frei, pferdammt noch mal!« Die LAG war es, die den Menschen ins Gedächtnis rief, dass Pferde soziale Lauftiere, Dauerfresser und Frischluftfanatiker sind. Herdentiere in Einzelhaltung? Lauftiere in der Box? Dauerfresser mit zwei Heuportionen am Tag? Frischluftfanatiker im Ammoniak-Mief bei geschlossenen Türen? Klimawiderständler unter Decken? Da stimmt wirklich etwas nicht …
Das Pferd in freier Wildbahn bewegt sich mit seiner Herde täglich 16 Stunden in gemächlichem Schritt und frisst. Darum ist Heu in ausreichender Menge für die Gesundheit des Pferdes viel wichtiger als Kraftfutter. Das Pferd ist ein sogenannter Wächter, d.h. es sucht bevorzugt erhöhte Stellen aus, von denen aus sich die ganze Umgebung überwachen lässt – eine Höhle würde ein Pferd nie freiwillig aufsuchen. Pferde können Wärme und noch mehr Kälte sowie Wind hervorragend vertragen – natürlich nur, wenn man sie ihres angepassten Fells nicht beraubt. Pferde verfügen über einen ungemein leistungsfähigen Atmungsapparat, der allerdings sehr empfindlich gegenüber Staub und Ammoniak ist. Lungenkrank wird das Pferd nicht von Schnee, Regen und Wind draußen, sondern von Stallmief, Raufutter-Schimmel und Hallenstaub.